© Steffi Piening
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Radwegekirchen laden zur Rast

72 Millionen Fahrräder sind in Deutschland unterwegs, und das praktische Fortbewegungsmittel erfreut sich immer größerer Beliebtheit. In den Ferien und am Wochenende zieht es die Menschen – egal ob in der Stadt oder auf dem Land – auf ihr Fahrrad. Ein Fahrrad bringt Unabhängigkeit, bedeutet Umweltfreundlichkeit und ist zugleich Fitnessgerät.

Deutschland verfügt über ein gut ausgebautes und fast flächendeckendes Radwegenetz. Jedes Bundesland kann mit dem Fahrrad bereist und erkundet werden. Neben ansprechenden Fahrradwegen suchen die Reisenden auch immer nach schönen Plätzen, um eine Pause einzulegen: Beine ausstrecken, Kräfte sammeln, eine kleine Stärkung zu sich nehmen und Eindrücke verarbeiten. Einen Hinweis auf einen besinnlichen Rastplatz bietet ein grünes Schild mit einer weißen Kirche und schwarzem Radfahrer im Vordergrund. Das ist das Zeichen für eine Radwegekirche, von denen es mittlerweile in Deutschland mehr als 800 gibt.

Radwegekirchen bieten auf der einen Seite ganz praktische Dinge wie Fahrradständer, Trinkwasser, Luftpumpe, Flickzeug, Informationen zum Verlauf des Radweges oder einen Hinweis auf die nächste Fahrradwerkstatt, alles unter dem Motto: „Gelebte Gastfreundschaft am Wegesrand“. Auf der anderen Seiten laden sie ein, die Atmosphäre, der zum Teil jahrhundertealten Gebäude zu spüren. Menschen sind im Urlaub oder auf einem Ausflug offener, um neue Räume und Erfahrungen auf sich wirken zu lassen. Radwegekirchen laden ein, den Moment zu genießen.

Seit rund 16 Jahren gibt es die Idee, Kirchen als Radwegekirchen zu kennzeichnen. 2001 wurde im thüringischen Reinhardsbrunn die erste Radwegekirche eröffnet. 2009 beschloss die Evangelische Kirche die Einführung der einheitlichen Kennzeichnung „Radwegekirche“, mit diesem Schritt wurden auch einheitliche Standards festgelegt, die auch für die katholischen Radwegekirchen gelten: Die Kirche muss in der Nähe von einem Radweg liegen, im Zeitraum von Ostern bis Ende Oktober geöffnet sein, vor Ort finden sich Bänke und Tische für die Rast, ebenso sollte ein Zugang zu Trinkwasser vorhanden sein. Seit 2012 findet man im Internet auf der Seite www.radwegekirchen.de die teilnehmenden Kirchen auf einen Blick.

Neben der Einhaltung der Standards sind die Gemeinden in der Gestaltung des Angebots frei. In vielen Radwegekirchen finden die Besucher sogenannte „Give-aways“: Kleinigkeiten, mit einem Bezug zu der Kirche, die man mit nach Hause nehmen kann. „Die Gemeinden lassen sich schöne Sachen einfallen, zum Beispiel gibt es Postkarten mit dem Logo der Radwegekirche und als kleinen Energieschub noch ein Stück Traubenzucker dazu“, sagt Pfarrerin Heike Kuhn, die Landeskirchliche Beauftragte für Radwegekirchen in Baden-Württemberg.

Seit rund einem Jahr existiert im Main-Tauber-Kreis ein weiteres, interessantes Angebot: An jeder Radwegekirche finden die Radfahrer ein Schild mit der Aufschrift „Worte, die gut tun“. Darunter befindet sich ein QR-Code. Wird dieser gescannt, können sich die Radfahrer kurze, geistliche Impulse anhören, eingesprochen von Heike Kuhn. „Vielleicht schaffen wir es mit diesem Angebot, auch das Interesse der jungen Menschen zu wecken“, hofft sie.