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Grauer Star ist heilbar – Interview mit Augenarzt Dr. Heiko Philippin

Seit 2007 arbeitet Augenarzt Dr. Heiko Philippin in Ostafrika. Zurzeit lebt er mit seiner Familie in Tansania, wo er für die Christoffel-Blindenmission Deutschland e. V. (CBM) am »Kilimanjaro Christian Medical Centre« tätig ist. Er liebt bei Operationen am Grauen Star den Moment, wenn er die trübe braun-graue Linse durch eine klare Kunstlinse ersetzt.

jetzt WIR: Welche Bedeutung hat die Operation am Grauen Star für die Menschen in Afrika?

Dr. Philippin: Viele Patienten mit Grauem Star müssen sich aufgrund ihrer Sehschwäche von Angehörigen führen lassen. Es ist schön zu erleben, wenn die Patienten nach der Behandlung wieder selbstständig gehen und sich orientieren können. Wir konnten z. B. einem blinden Bauern helfen, dessen Rinder gestohlen worden waren. Er konnte durch seine Erblindung nicht mehr ausreichend auf sie aufpassen. Seit der Operation am Grauen Star konnte er wieder sehen und plante, erneut Rinder zu halten. Eine blinde, alte Frau freute sich nach der Operation, dass sie wieder selbstständig auf den Markt oder zur Toilette gehen kann. Manchmal bedanken sich Menschen auch, dass sie wieder einen Baum mit Blüten und Früchten sehen können.

jetzt WIR: In welchen Momenten sind Sie froh, als Augenarzt zu arbeiten?

Dr. Philippin: Oftmals nach Außeneinsätzen. Wir unternehmen fast jede Woche einen solchen Einsatz. Manchmal kommen hunderte Patienten zur Untersuchung. Viele von ihnen hatten noch nie einen Augenarzt gesehen. Es ist schön, dass wir diejenigen sind, die ihnen helfen. Auch über den Moment, wenn ich bei der Operation am Grauen Star die trübe braun-graue Linse durch eine klare Kunstlinse ersetze, freue ich mich jedes Mal. Die Netzhaut wirft danach wieder ihr orangefarbenes Licht zurück. Das ist so, als ob ich ein sehr schmutziges Fenster mit einem guten Lappen reinige und hinterher wieder so richtig klar durchsehen kann.

jetzt WIR: Sie bilden selbst Fachkräfte aus, es gibt ein länderübergreifendes Stipendiatenprogramm. Wie bewerten Sie die Bedeutung dieses Programms?

Dr. Philippin: Ausbildung ist mir sehr wichtig, da ich mich dadurch langfristig hier überflüssig mache. Es multipliziert meine Arbeit und nicht zuletzt auch die Spenden. Würde ich im Gegensatz dazu ausschließlich selbst operieren und Patienten untersuchen, hinterließe ich eines Tages eine Lücke, die niemand schließen könnte. Man kann Auszubildenden auch viel mitgeben und Vorbild sein, manchmal auch über die berufliche Tätigkeit hinaus. Nicht zuletzt lerne ich hier auch viel, im Berufsalltag und durch das Leben in einer fremden Kultur. Dafür bin ich dankbar.

 

INFO

Fast 20 Millionen Menschen weltweit sind am Grauen Star erblindet. Die oft heilbare Augenkrankheit ist die häufigste Blindheitsursache und macht 50 Prozent aller Erblindungen aus. Grauer Star kann angeboren sein (unter anderem durch Röteln in der Schwangerschaft) beziehungsweise durch Verletzungen und Alterungsprozesse entstehen.

Eine einfache Operation, bei der die getrübte Linse gegen eine Kunstlinse ausgetauscht wird, kann Menschen, die am Grauen Star leiden, das Augenlicht schenken: Die Kosten liegen in Entwicklungsländern bei 30 Euro, bei Kindern bei rund 125 Euro (unter Vollnarkose).

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