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Mit 70 Jahren zu ersten Mal zum Arzt – Schicksal einer Leprakranken

„Und es kommt zu ihm ein Aussätziger, der ihn um Hilfe bittet, auf die Knie fällt und ihm sagt: Wenn du willst, kannst du mich rein machen. Und voll Erbarmen streckte er seine Hand aus, berührte ihn und sagt ihm: Ich will es, werde rein! Und sofort wich der Aussatz von ihm, und er wurde rein.“ (Mk 1,40-42)

Die Geschichte des Aussätzigen ist vielen von uns aus der Heiligen Schrift bekannt. Ansonsten spielt die „biblische“ Krankheit heutzutage keine Rolle in Deutschland. In den armen Ländern des Globalen Südens dagegen erkranken jedes Jahr 200.000 Menschen neu an Lepra. „Jeder Leprakranke ist einer zu viel – wir tun alles dafür, die Seuche endlich zu besiegen“, so Dr. Njako, der für die DAHW in Tansania im Einsatz ist. Nichts ist so wichtig dabei, wie das Auffinden der Betroffen und die Früherkennung. Doch viele Erkrankte verstecken sich – zu stark ist das Stigma. Sie fürchten sich vor Ausgrenzung.  Andere wissen gar nicht, dass sie krank sind, weil sie die Symptome nicht einordnen können. „Anders als in der Bibel, kommt es selten vor, dass die Kranken zu uns kommen. Wir machen uns auf die Suche nach ihnen, was sich oft abenteuerlich gestaltet“, betont der DAHW-Arzt.

Die DAHW hilft Leprakranken – auch dort wo die Straßen enden
Die Einsätze zur Bekämpfung der Lepra führen den Mediziner und sein Team von ausgebildeten Gesundheitshelfern in abgelegene, schwer zugängliche Regionen: in Ansiedlungen, die keinen Namen haben, auf keiner Karte verzeichnet sind und in die keine Straße führt. So ist es auch dieses Mal, als sie im tansanischen Bergland, in der Region Morogoro, unterwegs sind. „Wir wollten unseren Einsatz schon beenden und in die benachbarte Region weiterfahren. Da winkt uns am Straßenrand eine alte Frau zu. Ich erinnere mich, sie bei unserer letzten Aufklärungsveranstaltung gesehen zu haben. Sie hat aufmerksam zugehört und wirkte nachdenklich“, erzählt Dr. Njako. Sie halten an und erfahren von der Frau, dass es weiter oben in den Bergen noch eine kleine Siedlung gibt. Ihre Mutter stammt von dort, daher weiß sie das. Eine genauere Beschreibung als „dort, wo die Straße endet“, kann sie dem Arzt nicht geben. Doch der Hinweis auf das abgelegene Dorf genügt. Dr. Njako und sein Team machen sich auf den Weg. Die Gesundheitshelfer sind oft ehemalige Patienten und kennen sich gut aus in der Region. Sie finden sich auch ohne Adresse und Wegbeschreibung zurecht und sind unverzichtbare Helfer des medizinischen Teams bei der Orientierung. So gelangt das DAHW-Team schließlich in die kleine Siedlung in den Bergen, von der die alte Frau sprach.
  
Mit der richtigen Behandlung ist Lepra heilbar 
Zusammen mit dem Dorfverantwortlichen organisieren die Helfer gleich ein sogenanntes „Scin-Camp“, eine Untersuchungs- und Aufklärungsveranstaltung zur Bekämpfung von Lepra. Alle Dorfbewohner nehmen teil. Auch Wanjiku, eine circa 70-jährige Witwe. Dr. Njako sieht gleich, dass sie Lepra hat. Sie hat die typischen Leprahände: Die Finger sind verstümmelt, die Hände klauenartig verkümmert. Diese Behinderungen können nicht rückgängig gemacht werden. Aber durch die richtige medikamentöse Therapie wird der Erreger getötet und richtet keine weiteren Schäden an. „Wenn die Medikamente nun ein Jahr lang durchgängig eingenommen werden, ist eine Heilung möglich. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass Wanjiku und unsere vielen anderen Patienten auch in Zeiten von Corona regelmäßig betreut und mit Medikamenten versorgt werden. Das ist eine große Herausforderung für uns“, betont Dr. Njako ernst. 

Corona gefährdet die Erfolge im Kampf gegen Lepra
Schon vor dem Auftreten des Covid 19-Virus gab es viele Hürden, die genommen werden mussten, um die Lepra-Kranken gut zu versorgen. Durch das neue Virus steigen die Anforderungen an die Gesundheitseinsätze. „Es ist eine Frage von Zeit und Geld“, fasst Dr. Njako nüchtern zusammen. Die „Scin-Camps“ werden weiterhin durchgeführt, unter Einhaltung strenger Hygiene- und Abstandsregeln. Statt einer Veranstaltung für das ganze Dorf, gibt es nun mehrere für kleine Gruppen. So dauert es länger, bis alle Bewohner eines Dorfes aufgeklärt, untersucht und behandelt werden können. Außerdem wird jedes „Scin-Camp“ um Informationen zu Corona ergänzt – und die Menschen erhalten ein Hygieneset mit Seife und Desinfektionsmittel. „Dank der Soforthilfe-Gelder der DAHW können wir unsere Mission fortsetzen, dafür bin ich sehr dankbar“, sagt Dr. Njako.

Burkard Kömm, Geschäftsführer der DAHW, betont, wie wichtig die Arbeit des Hilfswerks gerade jetzt ist: „Wir wissen, dass die Menschen auf unsere Hilfe vertrauen. Es ist unser Auftrag, sie auch in der jetzigen Krise bestmöglich medizinisch zu versorgen. Gerade Patienten, die auf regelmäßige Medikamentengaben angewiesen sind, müssen diese weiterhin bekommen. Dieser Herausforderung stellen wir uns – gemeinsam mit unseren Helfern vor Ort und den vielen treuen Unterstützern in Deutschland, die diese Arbeit möglich machen.“

Ein Impfstoff gegen Lepra wird entwickelt
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Die ersten Impfdosen für die Tests sind produziert

Eine Welt ohne Lepra – dafür setzt sich die DAHW seit mehr als 60 Jahren ein. Nun rückt dieses Ziel in greifbare Nähe: Der Impfstoff „LepVax“ geht in die klinische Testphase. Nach 10 Jahren Forschungs- und Entwicklungsarbeit, an der die DAHW aktiv beteiligt ist, wird der Impfstoff auf Verträglichkeit und eventuelle Nebenwirkungen untersucht. Es wäre ein Meilenstein in der Bekämpfung der Lepra und ein großes Hoffnungszeichen für alle Betroffenen.