Schloss Augustusburg Brühl
Schloss Augustusburg Brühl

Deutschland – ein starkes Stück Weltkultur

44 UNESCO-Welterbestätten laden zum Spaziergang durch die Geschichte ein

Rund 6000 Jahre liegen zwischen den Pfahlbauten am Bodensee und den Siedlungen der Berliner Moderne. Und doch sind beide eng verknüpft – in einem Netz von 44 UNESCO-Welterbestätten, das sich über ganz Deutschland spannt.

Von den Römerstätten in Trier über die Essener Zeche Zollverein bis zur Lutherstadt Wittenberg, die deutschen Welterbestätten stehen für kulturelle Vielfalt. Sie alle sind auf ihre Art einmalig – so einzigartig und bedeutsam, dass die UNESCO sie wie die Pyramiden von Gizeh oder die Chinesische Mauer zum Erbe der Menschheit zählt. Dabei sind es nicht nur herausragende Bauten, die ein beredtes Zeugnis von der Vergangenheit ablegen. Naturdenkmäler wie die Fossilienlagerstätte Grube Messel, das Wattenmeer oder die Alten Buchenwälder gewähren tiefe Einblicke in die Erdgeschichte oder beleuchten beeindruckende Naturphänomene.

Andere Landschaften verdanken ihr Gepräge dem gestalterischen Eingriff des Menschen. Dafür steht das obere Mittelrheintal mit seinen Burgen und den terrassenförmig angelegten Weinbergen ebenso wie der Muskauer Park an der Grenze zu Polen oder das im Rokoko entstandene Gartenreich des Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau. Gartenbau und Architektur harmonieren ebenso prächtig bei dem Ensemble in Sanssouci und den Schlössern Augustusburg und Falkenlust in Brühl.

Manchmal trennt nur eine Autostunde die Moderne von der Steinzeit. Ein Besuch der vielen oft nah beieinander liegenden Welterbestätten gerät leicht zu einem Spaziergang durch die Jahrtausende:

Die prähistorischen Pfahlbauten um die Alpen dokumentieren eine Siedlungsform, die bis in die Steinzeit zurückreicht. In den Höhlen der Schwäbischen Alb fing der Mensch vor 40.000 Jahren an, die weltweit ersten Musikinstrumente zu erdenken und zu erschaffen. Die Römer haben mit Amphitheater und Thermen nicht nur in Trier ihre Spuren hinterlassen, ihr Limes zieht sich auf einer Strecke von rund 550 Kilometern Länge vom Rhein bis Bayern. An rund 80 Stationen wird heute für Besucher die Grenze des Imperium Romanum auf packende Weise inszeniert. Seit 2018 zählt die Wikingersiedlung Haithabu gemeinsam mit der nahegelegenen Grenzanlage Danewerk zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Die Ambition Karls des Großen, der ein neues Rom realisieren wollte, spiegelt sich wiederum im Aachener Dom mit seiner fast 1000-jährigen Baugeschichte. In der Karolingerzeit entstand die Königshalle in Lorsch, wo sich eines der bedeutendsten Klöster Europas befand. Dass der Glaube nicht nur Berge versetzt, sondern im Mittelalter Monumentales schuf, zeigt gleich eine Fülle von Sakralbauten. Die Klosteranlagen auf der Insel Reichenau und in Maulbronn sowie die Reichsabtei Corvey stehen dafür ebenso wie die Dome in Speyer, Hildesheim und Köln. Als jüngste Welterbestätte hat sich 2018 in diese Runde der Naumburger Dom dazugesellt.

© Guido Siebert/ Förderverein Welterbe Saale Unstrut
Die Stifterfiguren Ekkehard und Uta im Naumburger Dom

Bamberg, Regensburg, und Quedlinburg erlangten im Mittelalter als politische Zentren große Bedeutung. Noch immer präsentiert sich in ihren Altstädten historischer Bestand als geschlossenes Ensemble. Das gilt auch für Bremen, Lübeck, Wismar und Stralsund, die der Handel reich machte. Bürgerstolz und die Blüte der Hanse zeigt sich dort an historischen Rathäusern und glanzvollen Fassaden.

Der Geist des Reformators Martin Luthers ist in Wittenberg, Eisleben und auf der Wartburg lebendig. Vom Geburtshaus bis zur Schlosskirche, wo der Anschlag der Thesen erfolgte, lassen sich Stationen eines Lebens, das die Welt veränderte, nachvollziehen.

Weltliche Macht inszeniert sich im Absolutismus und im Barock besonders prunkvoll in Residenzen und prächtigen Gärten. Dabei zeigen der Kasseler Bergpark Wilhelmshöhe, die Preußischen Schlösser in Potsdam, die Fürstbischöfliche Residenz in Würzburg oder das Markgräfliche Opernhaus Bayreuth wie unterschiedlich die Spielarten sein können. Sakrale Kunst jener Epoche versammelt die Wieskirche im Pfaffenwinkel in verschwenderischer Fülle.

Die Weimarer Klassik machte Epoche. An den Wirkungsstätten von Goethe, Schiller und Herder bleibt die Erinnerung an ein herausragendes Kapitel der Geistesgeschichte lebendig, auf den die Kulturnation ihr Selbstverständnis als Land der Dichter und Denker gründet.

Goethe-Schiller-Denkmal Weimar
Goethe-Schiller-Denkmal Weimar

Deutschland gilt in der Welt aber auch als Industrienation. Mit der Völklinger Hütte und der Zeche Zollverein in Essen dokumentieren zwei monumentale Anlagen Stahlgewinnung und Kohleförderung, Wirtschaftszweige, die einst Arbeit und Wohlstand garantierten. Die museale Aufarbeitung der jahrhundertealten Bergbautradition ist im Erzbergwerk Rammelsberg bei Goslar auf beeindruckende Weise gelungen. In einzigartiger Weise vermittelt die Hamburger Speicherstadt die maritime Industriearchitektur im größten zusammenhängenden, einheitlich geprägten Speicherensemble der Welt.

Die soziale Dimension der Industrialisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts spiegelt sich in den Siedlungen der Berliner Moderne wider. Aus dem Erfordernis, bezahlbare Wohnungen für die stark wachsende Zahl von Arbeitern zu bauen, resultierte ein neuer städtebaulicher Typus, der dem Ansatz Neuer Sachlichkeit folgt. Die Ideenschmiede, der solche Visionen entsprangen, gehört ebenfalls zum Weltkulturerbe. In Weimar und Dessau befinden sich die Bauhausstätten – jene Gebäude, die Henry van de Velde und Walter Gropius entwarfen. Sie wurden zum Zentrum einer neuen Schule, die Architektur und Design revolutionierte. Im Fagus-Werk in Alfeld, einem Frühwerk Gropius’, finden sich diese modernen Ansätze in einem Fabrikbau verwirklicht.

Zeche Zollverein Essen
Zeche Zollverein Essen

Und schließlich reflektiert Kultur sich selbst: 6000 Jahre Menschheitsgeschichte präsentiert die weltberühmte Museumsinsel in Berlin, konzentriert auf weniger als einem Quadratkilometer. Die Exponate reichen von archäologischen Fundstücken bis zu Kunst des 19. Jahrhunderts. Die „Tempelstadt“ in der Spree ist ausgehend von den Plänen Schinkels bis zum Bau des Pergamonmuseums in 100 Jahren gewachsen. Umfangreiche Sanierungen gelten diesem einmaligen Hort der schönen Künste: Kultur ist hier gleich im doppelten Sinne „im Fluss“.

Weitere Informationen zu den 44 UNESCO-Welterbestätten in Deutschland finden Sie unter https://welterbedeutschland.de/