Ein neuer Freund – Geschichten und Erlebnisse rund um das Weihnachtsfest

In der Adventzeit stellen wir Ihnen Geschichten und Erlebnisse unserer Leser rund um das Weihnachtsfest vor. Teils zum Schmunzeln, teils zum Nachdenken.

Ein neuer Freund

Im November 2016 klingelte es eines Abends an meiner Haustür und ich musste mir erst die Hände waschen, bevor ich diese öffnen konnte, da ich mit backen beschäftigt war. Schließlich war die Adventszeit nicht mehr weit und ich wollte auch meinen Beitrag zu den Plätzchen beitragen.

Der Pfarrer unserer Kirchengemeinde stand vor mir und teilte mir mit, dass aufgrund des 500jährigen Jubiläums vom Thesenanschlag Martin Luthers in Wittenberg ein Theaterstück aufgeführt werden soll. Es sei schwer, Personen für das Theater zu gewinnen, so der Pfarrer und u. a. sei auch mein Name auf seiner Liste. Unter Vorbehalt nahm ich sein Skript an und wartete auf die erste Probe, die in unseren kleinen Ortschaft im Gemeinderaum anberaumt war. Als alle Personen anwesend waren, begann auch gleich das sprechen der Rolle. Ich durfte die Rolle eines Sohnes einer ärmlichen Familie spielen. Keine Hauptrolle, was somit für mich völlig okay war. Das Ganze übten wir gleich ein zweites Mal. Dies wiederholte sich nun fast wöchentlich und bei jeder Probe konnten Fortschritte festgestellt werden. Ich musste nicht mehr überlegen, bereits nach der zweiten Probe stand für mich fest, dass mir das gefällt, ich hätte nicht allzu viel Text zum auswendig lernen und den Termin für die Theaterprobe passte noch in mein Programm. Nach einigen Patzern und verrutschen in der Zeile, falscher Betonung durfte auch immer wieder herzlich gelacht werden. Kein Auslachen, sondern ein gemeinsames Lachen war im Raum. Mit jeder Probe wurden die Rollen sicherer und meine Theatermutter war die Erste, die dann Requisiten mitbrachte. Das war meist Geschirr und/oder einen Putzlappen o. ä., was sie in ihrer Rolle als arme Bauersfrau zu den damaligen Zeiten gut einbringen konnte. Eine gute Idee, fand ich. Dann kam später die Gestik und Mimik hinzu. Es wurde aufgestanden und zum Teil Arme und Beine mit eingebaut – es wurde immer lebendiger. Der Pfarrer spielte auch mit. Er war mein Vater in diesem Theaterstück.

Wenige Wochen vor der Aufführung im Juli 2017 verlagerten wir dann das Theaterstück in die Kirche. Dort sollte es aufgeführt werden und alle Schauspielerinnen und Schauspieler durften kurz vorher in die Stadt, um bei einem Kostümverleih sich entsprechende Kleidung aus dem Mittelalter anzusuchen. Die Anprobe gestaltete sich als lustiger Vormittag. Aus allen modernen Leuten meist mit Handy wurden Kuttenträger mit Leinenwesten oder Frauen mit Haube und Schürzen. Bereits während der darauffolgenden Proben mit den neuen „alten“ Kostümen des Mittelalters wirkte dieses noch authentischer. Ich machte ein paar Schnappfotos Schon hier fragte der Pfarrer nach meiner Nummer und ob ich ihn nicht die Fotos senden könnte, was ich auch tat. Die Aufführung selbst war ein voller Erfolg. Nicht nur der Altarraum, sondern das gesamte Kirchenschiff war Kulisse für unser Theaterstück. Während in der Generalvorstellung noch einiges schiefging, wurde an der Premiere alle Kraft gegeben, das Stück möglichst gut zu spielen, was auch allen gelungen ist. Schön war es auch, dass dieses Theater ein Stück Eigendynamik entwickelt hat. So gaben wir uns gegenseitig Tipps, wie man etwas noch genauer oder detaillierter darbieten konnte. Viele Fotos und Videos wurden gemacht und ausgetauscht.

Ich durfte unseren Pfarrer nun duzen und es hat sich eine sehr gute Freundschaft entwickelt. So besuchen wir uns nun mittlerweile fast regelmäßig. Meist laufen wir gemeinsam, waren aber auch schon im Freibad und unterhalten uns dabei. Dabei lachen wir auch oft gemeinsam. Selbst vergangenes Jahr haben wir in der Adventszeit ein Minitheaterstück aufgeführt, was auch schön war und gut bei der Gemeinde ankam. Diese Freundschaft hat uns Luther gebracht. Wäre ich damals nicht gefragt worden, ob ich bei diesem Theaterstück mitspielen möchte, hätte ich unseren Pfarrer nicht näher kennen lernen dürfen. Nun habe ich einen guten Freund gewonnen und freue mich auf weitere gemeinsame schöne Stunden und/oder Ausflügen.

Frank Hollweg, Kasendorf