Weihnachten 1948 – Geschichten und Erlebnisse rund um das Weihnachtsfest

In der Adventzeit stellen wir Ihnen Geschichten und Erlebnisse unserer Leser rund um das Weihnachtsfest vor. Teils zum Schmunzeln, teils zum Nachdenken.

Weihnachten 1948

Am 24. Dezember 1948 saßen wir am Frühstückstisch und freuten uns auf das Christkind. Meine Mutter, meine Schwester, mein Bruder und ich waren von Thüringen in das kleine Heimatdorf unseres Vaters übergesiedelt. Er war im Februar 1945 bei Görlitz gefallen und unsere Mutter musste alleine für uns sorgen. Es war eine schwere Zeit für sie, aber trotzdem hatte sie eine schöne Idee. Wir alle vier könnten der Familie Stolze von gegenüber im Haus eine Freude bereiten und Ihnen ein Paket schicken.

Alle vier Stolzekinder satt zu bekommen war schwierig in der Nachkriegszeit. Wir hatten selber nicht viel, waren aber bereit zu helfen, weil wir öfter ein Paket aus Thüringen bekamen. So suchte jeder danach von welchen Schätzen er sich trennen könnte. Es fiel uns nicht leicht. Meine Mutter packte alles liebevoll in einen Karton.

Nach dem Christgottesdienst wurde mein Bruder mit dem Paket und einer kleinen Glocke zu Stolzes geschickt. Draußen war es stockdunkel und er hatte Mühe den Weg über den Hof und die Treppen zu finden. Unter Stolzes Wohnungstür schimmerte ein kleiner Lichtstrahl nach draußen, so dass mein Bruder das Paket leise ablegen konnte. Schnell läutete er mit dem Glöckchen und lief zu uns zurück.

Am Morgen des 25. Dezember liefen die Stolzekinder durch das Dorf und erzählten allen Leuten, dass das Christkind ihnen ein Paket vor die Türe gelegt habe mit vielen schönen Dingen darin. Sie waren überglücklich und erzählten noch nach Jahren, dass dies ihr schönstes Weihnachtsfest gewesen sei. Auch wir hatten ein Glücksgefühl im Herzen und spürten, dass wir reichlich beschenkt worden waren.

Helga Nau, Rauschenberg