Darstellung von acht Haupttugenden
© Liebieghaus Skulpturensammlung ‒ Sammlung Reiner Winkler, Frankfurt am Main

„White Wedding.“ Die Elfenbein-Sammlung Reiner Winkler jetzt im Frankfurter Liebieghaus. Für immer.

Ab dem 27. März 2019 werden rund 190 Kunstwerke in der Ausstellung „White Wedding. Die Elfenbein-Sammlung Reiner Winkler jetzt im Liebieghaus. Für immer." gezeigt. Die Elfenbeinarbeiten aus dem Mittelalter sowie dem Barock und Rokoko werden in thematischen Kapiteln präsentiert.

Die Liebieghaus Skulpturensammlung in Frankfurt am Main erhält grandiosen Zuwachs: Die Ernst von Siemens Kunststiftung, der Städelsche Museums-Verein und das Städel Museum haben, mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und der Hessischen Kulturstiftung, eine Sammlung von über 200 kostbaren Elfenbeinskulpturen aus dem Besitz von Reiner Winkler für die Liebieghaus Skulpturensammlung erworben. Mit dieser Erwerbung, die durch die großzügige Schenkung des überwiegenden Teils der Sammlung durch Reiner Winkler überhaupt ermöglicht wurde, gelingt dem Liebieghaus die bedeutendste Erweiterung der eigenen Bestände in der Geschichte des Museums.

Die Sammlung

Die Sammlung Reiner Winkler konzentriert sich auf Werke aus dem 17. und 18. Jahrhundert, der Glanzzeit der Elfenbeinschnitzkunst. Sie vereint eine Vielzahl englischer, französischer, italienischer, deutscher, spanischer, österreichischer, niederländischer und flämischer Elfenbeinskulpturen sowie zwei Werke aus Indien und China. Dazu zählen Statuetten, Figurengruppen, Reliefs, Medaillons und einige wenige Humpen sowie Prunkgefäße. ,,Mit den Werken der Sammlung Reiner Winkler kann im Liebieghaus die Kunst der europäischen Bildhauerei in Barock und Rokoko in hoher und höchster Qualität und in ganz außerordentlicher Bandbreite nachvollzogen werden", so Dr. Maraike Bückling, Sammlungsleiterin der Abteilung Renaissance bis Klassizismus und Kuratorin der Ausstellung. Die Werke der umfangreichen Sammlung geben einen beeindruckenden Überblick über die Geschichte der barocken Elfenbeinkunst. Außerdem lassen sich an ihnen die unterschiedlichen Ausprägungen der Elfenbeinschnitzerei innerhalb Europas eindrucksvoll aufzeigen.

In einigen Bereichen ergänzen sich die Sammlung des Liebieghauses und die Sammlung Reiner Winkler, so etwa bei Werken der Künstlerfamilie Schenck. Das Liebieghaus besitzt ein Elfenbeinrelief, Der Kampf des Erzengels Michael mit dem Teufel (1683) von Christoph Daniel Schenck (1633–1691). Die Sammlung Reiner Winkler kann mehrere herausragende Werke dieser Künstlerfamilie vorweisen, darunter eine exquisite Allegorie des Sommers (um 1666), geschaffen von einem älteren Verwandten Christoph Daniels, Johann Caspar Schenck (um 1620–1674).

Während das Liebieghaus ein in den Umkreis des niederländischen Künstlers Gerard van Opstal (1594/97–1668) eingeordnetes kleines Elfenbeinrelief besitzt, kommen nun mit der Sammlung Reiner Winkler zwei weitere Werke aus diesem Umkreis hinzu, von denen eines möglicherweise König Ludwig XIV gehörte. Einer der bedeutendsten Künstler des 17. und 18. Jahrhunderts war der Österreicher Matthias Steinl (1643/44–1727). Das Museum zählt eine außergewöhnliche Holzstatue der Maria Immaculata (1688)  zu seinem Bestand; die Sammlung Reiner Winkler beinhaltet Steinls kleine, meisterhaft gearbeitete Elfenbeinstatuette Chronos auf der Weltkugel (um 1720/1725?).

Kunstwerke berühmter Bildhauer wie Adam Lenckhardt (1610–1661), Balthasar Grießmann (um 1620–1706), Thomas Schwanthaler (1634–1707), Francis van Bossuit (1635–1692), David Le Marchand (1674–1726), Jean Cavalier (um 1650/60–1698/99), Joachim Henne (1629–um 1707), Theophilus Wilhelm Freese (1696–1763), Johann Christoph Ludwig Lücke (um 1703–1780) oder Simon Troger (1693–1768) finden mit dem Erwerb der Sammlung Reiner Winkler ihren Weg in die Liebieghaus Skulpturensammlung.

© Liebieghaus Skulpturensammlung ‒ Sammlung Reiner Winkler, Frankfurt am Main
Die Furie auf sprengendem Pferd

Die Ausstellung

Die Liebieghaus Skulpturensammlung präsentiert mit der Ausstellung „White Wedding. Die Elfenbein­-Sammlung Reiner Winkler jetzt im Liebieghaus. Für immer." nahezu alle Stücke der Sammlung Reiner Winkler und verdeutlicht so deren künstlerische Bandbreite. Diese Werke treten in einen Dialog mit Objekten aus dem hauseigenen Bestand. Elfenbeinwerke des Liebieghauses werden jenen aus der Sammlung Reiner Winkler gegenübergestellt und auch Museumsexponate von denselben Künstlern, jedoch aus unterschiedlichen Materialien, gezeigt. Anhand von rund 190 Exponaten wird so die Geschichte der Kleinplastik in Barock und Rokoko anschaulich nachgezeichnet.

Einige Meisterwerke der Sammlung Reiner Winkler werden in der Ausstellung besonders hervorgehoben, beispielsweise Die Furie auf sprengendem Pferd (1610) des sogenannten Furienmeisters (tätig um 1600–1625) – ein zentrales Werk der Sammlung. Zudem sind zu sehen Joachim Hennes Die drei Parzen (um 1670), Francis van Bossuits Merkur, Argus und Io (um 1670/75?), die von einem unbekannten Augsburger Bildhauer geschnitzten Relieftafeln Minerva führt die Bildhauerei und Malerei den sieben freien Künsten zu (2. Hälfte des 17. Jahrhunderts) sowie die Darstellung von acht Haupttugenden (2. Hälfte des 17. Jahrhunderts), ferner Matthias Steinls Chronos auf der Weltkugel (um 1720/25?), die Allegorie der Verdammnis in der Hölle (Anima Dannata?) (1736) von Johann Christoph Ludwig Lücke und der von einem namentlich noch nicht bekannten Elfenbeinkünstler in Süditalien oder Sizilien geschnitzte Sturz der abtrünnigen Engel (1. Drittel des 18. Jahrhunderts).

Eine überaus bedeutsame Rolle der Elfenbeinkunst kommt etwa Deutschland und Österreich zu, was sich deutlich in der Sammlung Reiner Winkler abzeichnet. Daher erhalten wichtige Künstler wie Leonhard Kern (1588–1662), Georg Pfründt (1603–1663), Jacob  Dobbermann (1682–1745), die Künstlerfamilie Lücke oder die beiden Schencks in der Ausstellung eigene Kapitel.

Eine eigene Sektion vereint mittelalterliche Werke; Heiligendarstellungen sowie Werke, die biblische Inhalte transportieren, fügen sich zu einer Gruppe zusammen. Arbeiten, die sich antiken Themen widmen, und jene, die von bedeutenden Hof- oder Kammerbildhauern geschaffen wurden, werden ebenfalls konzentriert vorgestellt. Zudem werden mit den Niederlanden, Süditalien/Sizilien und Dieppe drei Kunstlandschaften präsentiert.

© Liebieghaus Skulpturensammlung
Ausstellungsansicht
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Ort:
Liebieghaus Skulpturensammlung
Schaumainkai 71
60596 Frankfurt am Main

Öffnungszeiten:
Di, Mi, Fr-So 10.00–18.00 Uhr, Do 10.00–21.00 Uhr, montags geschlossen

Information: www.liebieghaus.de

Eintritt: 10 EUR, ermäßigt 8 EUR, Familienticket 18 EUR, freier Eintritt für Kinder unter 12 Jahren