© Renovabis / Caritas Ukraina
© Renovabis / Caritas Ukraina

Hilfe für Flüchtlingskinder

Der andauernde Krieg in der Ukraine bringt Leid und Zerstörung mit sich, die humanitäre Lage im Land ist katastrophal. Gerade in dieser Situation ist es wichtig, sich auch der seelischen Not von Kindern und Jugendlichen anzunehmen – so wie die Caritas der griechisch-katholischen Kirche in Kyjiw.

In kinderfreundlichen Räumen seelische Verwundungen verarbeiten
Die vorhandenen staatlichen Systeme für die Unterstützung von Familien und Kindern sind derzeit überlastet. Sie konzentrieren sich größtenteils auf die materiellen Nöte der Menschen. Hier setzt die Arbeit der Caritas der griechischkatholischen Kirche an. Sie begann im Frühjahr 2022, ihre bereits vor dem Krieg bestehenden Unterstützungsdienste für Kinder und Familien weiter auszubauen, um den vom Krieg betroffenen Kindern zu helfen, mit ihrer Situation besser zurechtzukommen und in ihrem Lebensalltag wieder neuen Lebensmut zu gewinnen. In der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw richtete die Caritas an 15 Standorten in sieben (von zehn) Kyjiwer Stadtbezirken sog. »kinderfreundliche Räume« ein. Hier werden Kinder von Fachleuten der Caritas psychologisch betreut, um ihre traumatischen Kriegserfahrungen und seelischen Verwundungen zu überwinden. In einem geschützten Raum mit psychologischer und pädagogischer Betreuung können die Kinder und Jugendlichen hier spielen, kreativ werden, und in kindgerechter Weise über ihre Gefühle, Probleme und Gedanken sprechen. So werden psychologische Belastungen bearbeitet und die Resilienz der Kinder gesteigert. Zeitgleich können Eltern bei den Fachleuten Beratung und Unterstützung finden. Dies trägt zur Stabilisierung der Eltern bei, was wiederum positiven Einfluss auf deren Umgang mit ihren Kindern hat. Punktuell werden Eltern-Kind-Kurse durchgeführt, die speziell die Kommunikation in der Familie verbessern sollen.

Die »kinderfreundlichen Räume« werden in Kooperation mit Pfarreien oder lokalen Einrichtungen wie der Polizei oder Verwaltungsbehörden betrieben. Die mobilen psychologischen Unterstützungsteams der Caritas arbeiten mit den Kindern mehrmals die Woche. Die Caritas betreut in der Hauptstadt Kyjiw derzeit 500 Kinder und Jugendliche und berät etwa 250 Eltern. Damit die Caritas in Kyjiw ihre mobilen psychosozialen Unterstützungsangebote für Kinder und Familien auch in den kommenden Monaten fortsetzen kann, benötigt sie unsere Hilfe und Unterstützung.

© Renovabis / Caritas Ukraina
Die sechsjährige Stefania aus Charkiw

Wie die Caritas Kyjiw den vom Krieg betroffenen Kindern hilft – unterstützt von Renovabis: Das Beispiel des sechsjährigen Mädchens Stefania und ihrer Mutter Alina aus Charkiw

Viel Zeit zum Nachdenken bleibt ihr nicht. Als am 24. Februar die ersten Bomben fallen, packt die schwangere Alina hastig Dokumente und Kleidungsstücke in einen Koffer, schnappt sich ihre sechsjährige Tochter Stefania und flieht gemeinsam mit ihrer Schwiegermutter Maryna aus dem ostukrainischen Charkiw. Ihr Ziel: das Elternhaus in Velika Rohan nahe Charkiw. Obwohl zu diesem Zeitpunkt russische Militärs auch auf flüchtende Zivilisten schießen, erreicht die Kleinfamilie unversehrt Alinas Heimatort. Dort verstecken sie sich im Keller eines Gebäudes in Nachbarschaft von Alinas Elternhaus und harren dort aus, während um sie herum die Raketen einschlagen.

Stefania ist völlig verstört. In den Feuerpausen will sie vor lauter Angst nicht ins Haus ihrer Großeltern. »Mama, ich ziehe mich nicht um. Denn wenn ich nicht rechtzeitig fertig werde, kannst du mich nicht retten«, sagt die kleine Stefania verzweifelt. Daraufhin entschließt sich ihre Mutter, den Ort wieder zu verlassen. Im Dorf Lishchynivka, Bezirk Uman, Region Tscherkassy, finden Alina und ihre Tochter eine Bleibe und kommen erstmals seit langem zur Ruhe. Stefania fasst neues Vertrauen und beginnt, mit anderen Kindern im Ort zu spielen. Die Dorfbewohner helfen ihrer schwangeren Mutter, versorgen sie mit Lebensmitteln und sprechen ihnen gut zu.

Nothilfe wird weiter gebraucht
Neben der psychosozialen Hilfe unterstützt Renovabis weiterhin auch zahlreiche Nothilfe-Projekte sowie Projekte im Bereich der medizinischen Versorgung, um für die hilfebedürftige Bevölkerung alles Lebensnotwendige bereitzustellen – Unterkünfte, Nahrung, Kleidung, Hygieneartikel, Wärme.

Seit 30 Jahren im Osten Europas Solidarisch geholfen

Am 3. März 1993 haben die deutschen Bischöfe in Mülheim an der Ruhr die Gründung von Renovabis, der »Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken mit den Menschen in Mittel- und Osteuropa« beschlossen. Nach der jahrzehntelangen Trennung durch den »Eisernen Vorhang« waren die Länder Mittel-, Ost- und Südosteuropas wieder stärker ins Bewusstsein des Westens getreten und öffentliche Hilfe war möglich geworden.

Die katholische Kirche in Deutschland versteht die Gründung dieser Solidaritätsaktion als eine ihrer wichtigsten Antworten auf die große gesellschaftlich-politische Wende in Europa von 1989/90. Seit dreißig Jahren hilft Renovabis beim Aufbau von Kirchen und Gesellschaften in den ehemals sozialistischen Staaten im östlichen Teil Europas. Gemäß dem Prinzip »Hilfe zur Selbsthilfe« koordinieren Partner vor Ort – Diözesen, Ordensgemeinschaften, Organisationen, Verbände und andere Institutionen – die pastoralen und sozialen sowie Bildungsprojekte. Die Förderung von Dialog, Begegnung und Versöhnung zwischen West und Ost in Europa ist Renovabis als weiteres Ziel ins Statut geschrieben. Unterschiede und Vielfalt stellen dabei Bereicherung und Herausforderung zugleich dar.

Der lateinische Name des Hilfswerks geht auf den Bibelpsalm 104 zurück und bedeutet »Du wirst erneuern«. Seit ihrer Gründung hat die Solidaritätsaktion Renovabis mit mehr als 842 Millionen Euro knapp 26.000 Projekte von Partnern unterstützt. Allein in der Ukraine waren es seit 1993 rund 4.000 Projekte der dortigen Partner mit einer Gesamtfördersumme von mehr als 132 Millionen Euro.